Slawische Ortsnamen mit der Bedeutung ‘weiß’

P. Wasserscheidt/ Ortsnamen

Ortsnamen mit dem Bedeutungselement ‘weiß’ sind nicht nur im slawischen Raum sehr häufig, sondern insgesamt weit verbreitet. Ein Grund dafür ist, dass die Verwendung des Wortes weiß oder seiner Entsprechungen in anderen Sprachen nicht nur auf die Farbe verweist, sondern auch auf Reinheit, Schönheit im weiteren Sinne [1]Detelić, M.; Ilić, M. (2006): Beli grad: poreklo epske formule i slovenskog toponima. (‘Weiße Stadt: Herkunft der epischen Formel und des slawischen Toponyms’) Beograd: Balkanološki … Continue reading. Das sieht man auch im Vergleich zu anderen indoeuropäischen Sprachen, wo die Wurzel bel- heutzutage ‘schön’ bedeutet, so etwa im Französischen, Italienischen oder Portugiesischen (z.B. die Stadt Belo Horizonte).

In den slawischen Sprachen ist die Wurzel mit der Bedeutung ‘weiß’ бѣлъ (bêlŭ). In den einzelnen Sprachen sieht das folgendermaßen aus. Hier ist nur die Wurzel angegeben. Da es sich um Adjektive handelt, kommen in den meisten Sprachen noch Endungen hinzu (z.B. im Nominativ -y/-i für maskulin und -a für feminin)

Belarussischбел- (bjel-)Polabischb’ol- (bjol-)
Bosnisch/Kroatisch/Montenegrinisch/Serbischbel-/bijel-Polnischbiał- (bjaw-)
Bulgarischбял (bjal-)Rusinisch
Kaschubischbiôł (bjow-)Russischбел- (bjel)
Makedonischбял (bjal-) Slowakischbiel- (bjel)
Niedersorbischběł- (byw-)Tschechischbíl- (bil-)
Obersorbischběł- (byw-)Ukrainischбі́л- (bil-)

In den für uns relevanten Gebieten haben wir also Polabisch: b’olĕ [Aussprache wie bjolle] mit einem sogenannten labialen b und einem schwach ausgesprochenen e am Ende (ähnlich wie das e in Tanne) und Altsorbisch/Sorbisch běły ‘weiß, hell’ [Aussprache wie bywy], mit einem e, das fast schon einem ü ähnelt und einem labialen l, das fast wie ein w ausgesprochen wird. Die Form ist im heutigen Obersorbischen und Niedersorbischen gleich [Obsersorbisch und Niedersorbisch]

Folgende Orte mit dieser Wurzel lassen sich laut der namenkundlichen Literatur finden:

In Sachsen:

Behlau (wo?), Behlitz, Belgern, Biehla, Bielatal, Bielecke (wo?), Böhla; Großböhla, Kleinböhla, Nasseböhla, Treugeböhla, Weinböhla, Böhlen (2x (4)), Böhlitz (2x (3)), Bühlau (2x), Pöhl (2), Pöhla (2), Kleinpöhla (wo?), Pöhlau, Pöhlberg (Berg), Pölbitz, Vielau (?) [2]Eichler, Ernst; Walther, Hans (Hg.): Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen. 2001 Akademie Verlag.

In Brandenburg:

Below, Bälow – sind mehrdeutig, möglich ist altpolabisch *bèl’ ‘Sumpf’ oder *bèl, beide zu urslawisch *bèl ‘weiß, glänzend’ [3]Wauer, S. (1981): Die mit dem Suffix -ov- gebildeten Ortsnamen in Brandenburg. Zeitschrift für Slawistik 26(3). S. 361-389.

Beelitz,

In Thüringen:

In Sachsen-Anhalt:

Belgern

In Mecklenburg-Vorpommern:

Belitz, Groß Belitz, Klein Belitz
Die Etymologie ist hier anzunehmen von altsl. bêlŭ schön, weiß P) oder als Patronym “Nachkommen des Bêl”.

Bellin, Below (3x)
Bei diesen beiden Formen ist die Etymologie ebenfalls von altsl. bêlŭ P anzusetzen (Possessivadjektiv) oder “Ort des Bela”.

Belitz (Schreibungen: 1232 Beelz, 1282 Beliz, 1286 Beltz, Beliz, Belisz)

Groß Belitz, Klein Belitz, (Schreibungen: 1270 Belitz, Beliz, Beltze, Belze, Dudeschen Beliz: dasselbe.

Bellin, A. Goldb., 1229 termini Belliconenses, 1233 Belin

Below, A. Goldb., 1296 Belowe

In Schleswig-Holstein

Bellin

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Andere bekannte Orte mit der Wurzel bel- ‘weiß, glänzend’:

Belgrad (Serbien), Biograd na Moru (Kroatien), Belgorod (Russische Föderation), Białystok (Polen)

letzte Änderung: 22.09.2021, Revisionen: 11

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Literatur

Literatur
1 Detelić, M.; Ilić, M. (2006): Beli grad: poreklo epske formule i slovenskog toponima. (‘Weiße Stadt: Herkunft der epischen Formel und des slawischen Toponyms’) Beograd: Balkanološki institut Srpske akademije nauka i umetnosti.
2 Eichler, Ernst; Walther, Hans (Hg.): Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen. 2001 Akademie Verlag.
3 Wauer, S. (1981): Die mit dem Suffix -ov- gebildeten Ortsnamen in Brandenburg. Zeitschrift für Slawistik 26(3). S. 361-389.
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