Slawische Ortsnamen – Bäume

P. Wasserscheidt/ Ortsnamen

Leizpig, Buckow, Duben, Breesen – die Landschaft der slawischen Ortsnamen ist voll von Verweisen auf Baumarten. Wir finden die ganze Bandbreite der heimischen Laub- und Nadelhölzer von A wie Ahorn bis W wie Weide. Ob die Umgebung der jeweiligen Ortschaften damals tatsächlich von diesen Bäumen geprägt war, lässt zwar nicht immer so einfach nachweisen. Interessant ist ein Blick in diese Ebene der Ortsnamen auf jeden Fall.

Konkret finden wir folgende Baumarten in den slawischen Ortsnamen, die hier mit ihrer slawischen Wurzel und in den drei dokumentierten slawischen Sprachen Dräwano-Polabisch, Niedersorbisch und Obersorbisch wiedergegeben sind:

BaumartUrslawischDrawäno-PolabischNiedersorbischObersorbisch
Ahorn (Bergahorn)[1]In anderen slawischen Sprachen können die Bezeichnungen auch andersherum verwendet werden. Im Russischen ist zum Beispiel der Bergahorn javor (явор) und der Spitzahorn kljon (клён).klen*klenklonklon
Ahorn (Spitzahorn)javorъjovӑrĕjaworjawor
Apfel jablъ joblünjabłu(š)cynajabłoń
Birkeberza brezӑ brjazabrěza
Buche (Rotbuche)bukybauk/boikbukbuk/čerwjeny
Buche (Weiß-, Hainbuche)grabgrob(ĕ)grabhrab
Eibetisъ śisćis
Eichedąbъ d’obdubdub
Erleolьšavilsӑwólšawólša
Eschejasenъ josinjaseńjaseń
Espeosina, asikavisainӑ/osawósynawosyca
Fichtesosnaškrjokšmrěk
Fichtenwaldborškrjokowinašmrěčina
Kirschevišnja vaiseńӑwišnjawišeń
Lärchelariklarik
Lindelipalaipolipalipa
Tannesosnajadlӑjedłajědla
Ulmebrêstъ, wjaz, ilmjelmelom/wězwjaz
Weideverba, ivavarbӑ, ivawjerbawjerba/pastwa
Die in Ortsnamen vorkommenden Baumarten, ihre urslawische, polabische, niedersorbisch und obersorbische Form

In Deutschland finden sich über 210 Ortsnamen mit einer dieser Bedeutungen. Mit Abstand am häufigsten finden wir die Bedeutung ‘Birke’, mit einigem Abstand gefolgt von Linde, Buche und Erle.

In Mecklenburg-Vorpommern:

  • Groß-Klein, Kleinow (von klen ‘Ahorn’)
  • Jabel, Jabelitz (von jablu ‘Apfelbaum’)
  • Breesen, Bresegard, Bresewitz (von breza ‘Birke’)
  • Alt-Bukow (von buk ‘Buche’)
  • Grabenitz, Grabitz, Grabow, Gramnitz, Grebbin (von grab ‘Hainbuche’)
  • Damm (Dargun) (von d’ob ‘Eiche’)
  • Jasnitz, Jessenitz (von jasen ‘Esche’)
  • Borkow (von bor ‘Kiefernwald’)
  • Viez (von višnja ‘Kirsche’)
  • Liepe, Liepen (Stavenhagen, Malchow und Stargard)(von lipa ‘Linde’)
  • Briest, Bristow (von brest ‘Ulme’)
  • Warbende, Fahrbinde (von varba ‘Weide’)
  • Ivenack (von iva ‘Weide’)[2]Alle Belege aus http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00002847

In Brandenburg:

  • Brieselang, Groß Briesen, Briesen (von breza ‘Birke’)
  • Bohrau (von bor ‘Nadelwald’)
  • Krausnick (von kruša ‘Birne’)
  • Liepnitz (von lipa ‘Linde’)
  • Buckow (2x) (von buk ‘Buche’)
  • Schlieben (von šliva ‘Pflaume’)

In Sachsen:

  • Bahra, Bohra, Böhrigen, Boritz, Burg, Burgk, Burk, Magdeborn (abgebaggert), Schkeitbar (von bor ‘Nadelwald’)
  • Badersen, Boderitz (2x), Breesen, Briesing, Briesnitz, Brießnitz, Bröhsen, Brösa, Brösang, Brösen (2x), Brösgen, Brößnitz, Boderitz, Friesen, Großfriesen, Kleinfriesen, Priesen, Prießnitz, Hohenprießnitz, Prösitz (von breza ‘Birke’)
  • Bocka (4x), Bockau, Bockwa, Bockwen, Bockwitz(3x), Bötzen, Buchwitz, Hohenbucko (von buk ‘Buche’)
  • Dauban, Daube, Daubitz, Daubnitz, Deuben (2x), Deuben (von dub ‘Eiche’)
  • Großdubrau, Hohendubrau, Holschdubrau, Kleindubrau, Luppedubrau; Dubrauke (von dubrava ‘Eichenwald’)
  • Grabau, Grüngräbchen, Straßgräbchen, Großgrabe, Grabitz, Rabitz (von grab ‘Hainbuche’)
  • Grauschwitz (2x) ; Grauswitz, Greußnig; Krauschütz, Krauschwitz, Kraußnitz, Großkrauscha, Kleinkrauscha (von gruša/kruša ‘Birne’)
  • Gablenz (5x) (von jablon ‘Apfel’)
  • Gähsnitz, Jessen (2x); Hinterjessen, Jeßnitz (2x), Jößnitz (von jasen ‘Esche’)
  • Gauernitz, Gävernitz, Jauer, Jauernick (2x) (von jawor ‘Ahorn’)
  • Gödelitz, Gödlau, Jiedlitz (von jedla ‘Tanne’)
  • Clennen (von klen ‘Ahorn’)
  • Leipgen, Leipnitz, Leippe, Leipzig, Leupahn; Niederleupten, Oberleupten; Lippitsch (von lipa ‘Linde’)
  • Elsnig, Oehlisch, Oellschütz, Oelsa (2x); Großoelsa, Ölschütz, Ölschwitz, Ölsen, Oelsen, Oelsengrund, Oelsitz, Oelsnitz (2x), Oelsnitz, Oelzschau (2x), Ossig, Polditz (von ol’ša ‘Erle’)
  • Ossa; Ossa, Wenig (von osa ‘Espe)
  • Schleinitz, Schlieben (von sliva ‘Pflaume’)
  • Theisewitz, Tissau, Zeisholz ?, Zeißholz ?, Zeißig (von tis ‘Eibe’)
  • Wasewitz, Weßnig, Weßnitz ? (von waz/wez ‘Ulme’)
  • Wiesenena (von višnja ‘Kirsche’) [3]Alle Belege aus Eichler, Ernst; Walther, Hans (2001): Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen. Berlin: Akademie Verlag.

In Niedersachsen:

  • Breesen im Bruche (von breza ‘Birke’)
  • Grabau (2x) (von grab ‘Hainbuche’)
  • Liepe (von lipa ‘Linde’)

In Bayern:

  • Oelschnitz (von ol’ša ‘Erle’)
  • Wirbenz (von verba ‘Weide)
  • Großklenau, Kleinklenau (von klen ‘Ahorn’)
  • Theisau, Theisseil (von tis ‘Eibe’)
  • Grabitz (von grab ‘Hainbuche’)

In Thüringen:

  • Bohra? Borgishain? (von bor ‘Nadelwald’)
  • Breesen (von breza ‘Birke’)

In Sachsen-Anhalt:

  • Prießnitz (von breza ‘Birke’)
  • Deuben (von dub ‘Eiche’)

In der folgenden Karte ist die Verteilung der Ortsnamen zu sehen. Die unterschiedlichen Baumarten sind jeweils farblich hervorgehoben, wie in der Legende zu sehen ist.

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Auch unter den deutschen Ortsnamen im früheren und heutigen slawischen sowie im deutschen Siedlungsgebiet finden sich natürlich gleichermaßen viele, die auf verschiedene Baumarten verweisen (Buchen, Buchenwald, Eibenstock, Linden, Ulmen usw.; nicht aber Ulm). Die slawischen Ortsnamen in Deutschland haben außerdem zahlreiche Verwandte in den slawischen Ländern, so zum Beispiel Brest[4]allerdings ist der Name wohl ursprünglich auf den Begriff beresta ‘Birkenrinde’ zurückzuführen (‘Ulme’, Belarus), Dubno (‘Eiche’, Ukraine) oder Lipezk (‘Linde’, Russische Föderation).

letzte Änderung: 22.09.2021, Revisionen: 13
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Literatur

Literatur
1 In anderen slawischen Sprachen können die Bezeichnungen auch andersherum verwendet werden. Im Russischen ist zum Beispiel der Bergahorn javor (явор) und der Spitzahorn kljon (клён).
2 Alle Belege aus http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00002847
3 Alle Belege aus Eichler, Ernst; Walther, Hans (2001): Historisches Ortsnamenbuch von Sachsen. Berlin: Akademie Verlag.
4 allerdings ist der Name wohl ursprünglich auf den Begriff beresta ‘Birkenrinde’ zurückzuführen
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