Unterschiede der slawischen Ortsnamen in Brandenburg – Nord- und Südgrenze im Vergleich
Das Bundesland Brandenburg eignet sich als ein besonders interessanter Untersuchungsbereich für slawische Einflüsse auf Ortsnamen in Deutschland. Verschiedensprachige Einflüsse lassen sich im alltäglichen Leben auf verschiedenen Ebenen finden – in Form von Werbung, Geschäften, Eigennamen und auch Ortsnamen. Im Folgenden soll sich besonders dem Einfluss der slawischen Sprache auf Ortsnamen in Deutschland, mit besonderem Blick auf die Nordgrenze von Brandenburg zu Mecklenburg-Vorpommern und die Südgrenze von Brandenburg zu Sachsen, gewidmet werden. Konkret werden sich insbesondere die Endungen “-itz” und “-ow/-au/ -ov” angeschaut.
I. Überblick zur Onomastik
-itz/-witz
- patronymische Namen → kennzeichnet Zugehörigkeit zu einer Person (siehe Beispiele)
- Bildungen von Appellativen (Gattungswörtern), oft nicht mehr auszumachen, ob es sich um Namensbildung mit einem Suffix oder um Namenbildung Wort = Name von slawischem Suffix -ica gebildeten Wort handelt (siehe z.B. Crinitz) (Fischer, 2005, 200)
-ow/-au/-ov
- slawische Ortsnamen, die von Personennamen gebildet wurden. (insgesamt gibt es wohl 444 auf -ow auslautende Namen in Berlin / Brandenburg, davon gehen 184 Ortsnamen auf Personennamen zurück
- slawische Ortsnamen von Appellativen gebildet → Buckow → buk → Rotbuche → Ort, an dem Rotbuchen wachsen, adjektivische Namen
- deutsche Ortsnamen mit Grundwort Aue → mittelniederdeutsch ouwe → dann mit eingedeutschten slawischen Suffix zusammengefallen o. aneinander angeglichen
- deutsche, übertragene und slawische Ortsnamen, an die seit 16. Jhd. -ow als typisches Ortsnamenmerkmal angefügt wurde
- slawische Namen, deren Stamm auf -ov oder ähnlich lautende Verbindung endete (-av, -ev, -og) → 19 Namen
- junger Ortsname ist ursprünglich Familienname (z.B. Parlow) (Fischer, 2005, 203f.)
II. Überblick in Kartenform
An der Grenze Mecklenburg-Vorpommern/Brandenburg kamen wir mit den von uns ausgewählten Orten innerhalb des Bundeslands Brandenburg auf die Relation 45 (Orte, die auf -ow/-ov/-au enden) zu 4 (Orte, die auf -itz enden), an der Grenze Sachsen/Brandenburg auf die Relation 13 (-ow/-ov/-au) zu 10 (-itz).
III. Einblick in die Etymologie
Liste Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern
Ort | Bedeutung | Anmerkungen/Verweise |
Steesow | stez – “Stab, Stecken” (altpolabisch) |
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Milow | Ableitung von Personennamen |
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Großmenow, Kleinmenow | Ableitung v. Personennamen |
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Mesekow | Ableitung v. Personennamen |
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Dagow | Ableitung v. Personennamen |
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Zierzow | Cicowe → Personennamen |
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Bälow
| Bel (Sumpf, aplb.), bel- (weiß, glänzend) |
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Retzow
| Ryc/ryk (aplb.) → Geschrei, rys (aplb.) → Luchs |
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Brunow
| brunowe (christliche Vornamen + -ov) |
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Gandenitz | Ableitung v. Personennamen |
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Pirow | nicht eindeutig, pyr (Quecke, plb.) oder pyr’ (glühende Asche) |
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Densow | Ableitung v. Personennamen |
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Suckow | zuk (Käfer, aplb.) |
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Telschow | telcek → altslw. tele → Kalb |
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Raakow | rak (aplb.) → Krebs |
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Schapow
| Schkapa (aplb.) → Schindmähre (abgemagertes Pferd) |
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Schlepkow | slep (aplb.) → blind |
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Zernikow | Cirn’ (aplb.) → altslw. → schwarz |
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Putlitz
| slaw. → nicht eindeutig, evtl. Siedlung an einer Stelle an der es plätschert, strömt, spritzt (Fischer, 2005, 135) |
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Lübbenow | Ableitung von Personennamen |
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Gülitz | wie Gohlitz → Goliz → slaw. kahle, unbewaldete Stelle |
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Trebenow | Ableitung von Personennamen |
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Malchow | Ableitung von Personennamen |
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Mollnitz Göritz | slaw. schlammiger Ort wie Goriz → Personenname + slaw. Siedlung an einem Berg |
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Brüssow | brus (aplb.) → Wetzstein, Ableitung v. Personennamen → Borisov |
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Liste Grenze zu Sachsen
Ort | Bedeutung | Anmerkungen/Verweise |
Kleinwusterwitz | luteken Wusterwitz → slaw. Siedlung auf einer Insel (ist von See umgrenzt → Fischer, 2005, 186) |
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Wusterwitz | s. Klein Wusterwitz |
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Gollwitz | Ableitung von Personennamen od. slaw. Siedlung an einer unbewaldeten Stelle (Fischer, 2005, 65) |
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Zitz | Czicz → slaw. evtl. Ort, wo Binsen wachsen (Fischer, 2005, 191) |
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Paplitz | Popelicz → slaw. Siedlung auf aschfarbigen Boden (Fischer, 2005, 129) |
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Bücknitz | wie Buckau → Buche |
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Köpernitz | Kopernitze → slaw. Ort, an dem Dill wächst |
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Buckau | buk (aplb.) → Buche |
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Wutzow | slaw. → Ort, an dem Espen wachsen (Fischer, 2005, 187) |
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Schweditz | Zvetiz → slaw. heller Ort, oder Lichtung oder blankes Wasser |
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Reetz | Retze → slaw. Ableitung von Personenname Radisch |
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Medewitz | slaw. Ort an dem man Honig findet (Fischer, 2005, 114) |
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Nedlitz | slaw. Gemeingut, gemeinschaftliche Wirtschaft (Fischer, 2005, 120) |
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Staupitz | Stupisch → slaw. Ort an dem Getreide zerkleinert wird, Stampfer, Mörser (Fischer 2005, 162) |
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Schmerwitz | Ableitung von Personennamen Smir (Fischer, 2005, 152) |
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Göritz | slaw. Siedlung an einem Berg |
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Köttlitz | slaw. kesselförmige Vertiefung, oder von Personennamen (Fischer, 2005, 95) |
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Rietz | Ricz → slaw. Siedlung an einem Bach (Fischer 2005, 143) |
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Kienitz | slaw. Ort wo es Stöcke und Baumstümpfe gibt |
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Lindow | sekundäre -ow Namen → Lynda |
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Mellnitz | slaw. → Siedlung bei einem flachen Gewässer |
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Dalichow | Dalechouue → Ableitung v. Personenname |
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Dennewitz | Danewiz → slaw. Ableitung v. Personennamen |
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Körbitz | Kerwicz → slaw. evtl. Feuerherd, Rauchloch, oder Ort wo es Kühe gibt (Caruwicz → Fischer, 2005, 94) |
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Bochow | Ableitung von Personennamen |
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Ihlow | il (plb.) → Ton, Lehm |
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Ziezow | Cicowe → Ableitung von Personennamen |
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Buchtipp/Quelle: Reinhard E. Fischer “Die Ortsnamen der Länder Brandenburg und Berlin”, 2005, Berlin-Brandenburg
IV. Fazit
Bei der Auswertung der Karte zeigt sich, dass die Endung “-au” im nördlichen Teil Brandenburgs häufiger vorkommt, wohingegen sich die Endung “-itz” an der südlichen Grenze zu Sachsen als produktiver erweist. Trotz dessen sind in beiden Grenzgebieten beide Endungen bei den Ortsnamen zu finden, was daraus hinweist, dass eine hohe Anzahl der Ortsnamen in Brandenburg von slawischen Einflüssen geprägt ist. Es kann jedoch keine endgültige Aussage darüber getroffen werden auf welche slawische Sprachen diese Endungen zurück zu führen sind (Polabisch, Sorbisch etc.), da diese Endungen standardmäßig in allen slawischen Sprachen vorkommen. Es könnte weitergehend geforscht werden, welche Stämme der Ortsnamen sich häufig mit welchen Endungen verbinden. Sowohl die Endung “-itz” als auch die Endung “-au” können auf die gleichen Bedeutungsursprünge zurückgeführt werden, beispielsweise Ableitungen von Personennamen oder Verweise auf Umweltfaktoren (Pflanzen, Gewässer, Tiere etc.).