Polen in der Geschichte Berlins: Zufall der Liebe oder bewusste Entscheidung?

D. Bogomolov/ Migration

Seit mehreren Jahrhunderten siedelten sich die Polen in Berlin an, die Stadt an der Spree wirkt anziehend für das Nachbarland und die Menschen kommen, um anderes Leben als im Heimatland zu finden. Sind es Zufälle oder bewusste Entscheidungen, dass viele Polen seit Jahrhunderten nach Berlin ziehen, um hier zu leben?

Die große Auswanderung der polnischen Bürger fing in der Zeit der innenpolitischen Unruhen an, als die polnisch-litauische Adelsrepublik unterging und Polen ihre Unabhängigkeit für mehr als 100 Jahre verlor. Unter den neuen politischen Bedingungen musste man sich neu orientieren und anpassen. Für viele, besonders für den polnischen Adel verlor die Republik an Bedeutung. Man strebte nach einem besseren Leben und nach neuen Perspektiven, Berlin hatte eine besondere Anziehungskraft für die Adligen, die politisch beteiligt sein wollten.

Warum die Auswahl unbedingt auf Berlin fiel, das wird man bestimmt nie über jeden einzelnen Fall erfahren, es können verschiedene Beweggründe und Motivation behauptet werden, jede einzelne Person hat ihre eigene Motive gehabt und doch nicht die geringste Rolle spielte die Liebe zu der Stadt selbst oder zu den, in Berlin lebenden Bürgern. Man mag es bestreiten oder anzweifeln, doch in vielen Fällen war die Liebe ein entscheidender Bestandteil des Zufalls gewesen.

Die Verbindung Polens mit Berlin war schon zu den Zeiten von Preußen nicht von geringer Bedeutung. Der Polnische Adel suchte neuen Ort zum Leben und Wirken. Hier ist eine Geschichte besonders erwähnenswert, in der Zeit der Monarchie war üblich aus politischen Gründen und Vorteilen sich den Gemahlen auszusuchen. Trotz der allgemeinen Einstellung zur Heirat in den Kreisen der damaligen Gesellschaft, wählte die Familie Radziwill nicht zufällig Berlin zu dem neuen Ort des Lebens. Anton Heinrich Radziwill und Luise Frederike von Hohenzollern lernten sich kennen bei gegenseitigen Besuchen. Die Geschichte schreibt über gegenseitige Zuneigung und Verliebtheit. Anton Heinrich und Luise Frederike heirateten am 17 März 1796. Die Ehe dauerte 37 Jahre und galt als sehr glücklich. Diese romantische Geschichte verband das Geschlecht Radziwill mit dem preußischen Hof.

Die Familie Radziwill hatte ihren eigenen Palais in der Wilhelmstraße 77. In dem Palais Radziwill empfing das Ehepaar zahlreiche Künstler und Gelehrte, mit denen sie ohne jegliche höfische Etikette Vorschriften verkehrte und von 1796 bis 1815 einen Salon unterhielt. Diese Ehe war von großer politischer Bedeutung für die Monarchie von Hohenzollern, die polnische Vertreter unterstützten Preußen in den politischen Entscheidungen.

Wie viele glückliche Familien noch aus der Verbindung Polens mit Preußen entstehen konnten kann keiner sagen. Doch schon die nächste Generation von Radziwill musste die Liebe zu Berlin und Polen teilen. Politischer Einfluss Seiten Polens war in Berlin groß, viele polnische Adlige hatten ihre Stellung am Hof der Hohenzollern, natürlich sahen die Deutschen in diesem eine verborgene Gefahr des polnisch-katholischen Einflusses.

Die politische Situation spitzte sich immer mehr zu, in wenigen Jahren später, in der dritten Generation von Radziwills musste die Entscheidung getroffen werden. Es gab nur zwei Auswege für in Berlin lebende Familien, man müsste wählen, ob man zu dem deutschen Kaiser gehört oder man bleibt ein polnischer Patriot. Die Loyalität dem deutschen Kaiser gegenüber wurde von einem Teil der Familie Radziwill gezeigt und die anderen sprachen sich für den Traum der polnischen Unabhängig aus. Die Konsequenzen waren der Entscheidung entsprechend, wenn über den Fürsten Anton Radziwill später als über einen wahren Preußen gesprochen wurde, so blieb aber der polnische Patriot, Fürst Ferdinand Radziwill als kein gern gesehener Gast im Hofe der Preußen. Seiner politischen Einsichten wegen musste der Fürst unter den polnischen Abgeordneten im Reichstag sitzen und damit rechnen, dass seine Person keine große Rolle in der Gesellschaft mehr spielte.

Die Liebe führte die polnische Familie Radziwill nach Berlin, doch diese Liebe konnte die gute Einstellung zu Ihrem Heimatland nicht auslöschen. Man blieb ein Pole trotz der Liebe zu der preußischen Gesellschaft.

Palais Radziwill, die spätere Reichskanzlei

Im Laufe der Zeit änderten die Berliner ihre Einstellung zu den polnischen Mitbürgern. Die deutsch-polnische Beziehung wirkte sich jeder Zeit auf Berlin aus. Im 19. Jahrhundert, bei den Aufständen für die Unabhängigkeit Polens äußerten die Berliner eine besondere Sympathie und setzten sich für die Freilassung der polnischen, politischen Gefangenen ein.

Es vergingen Jahre und die Einstellungen änderten sich ständig. Es gab Zeiten wo es Feindliche Einstellungen gab zwischen den polnischen- und den deutschen Bürgern, dann, nur wenige Jahre später waren alle friedlich beisammen und lebten miteinander, arbeiteten Seite an Seite. Die Geschichte ist immer ein spannender Beginn der Gegenwart, nur durch die historischen, schon vergangenen Ereignisse können wir in die Gegenwart eingeleitet werden. Die Liebe ließ zu, dass die Familie Radziwill für immer in der Geschichte Berlins bleibt. Die Sympathie zu dem polnischen Volk ließ die Berliner für die polnische Freiheit eintreten. Doch wie sieht die Berliner Realität aus? Sind die Polen immer noch in Berlin willkommen? Oder ist Berlin mehr eine fremde Stadt für die vorüber hier lebende Polen?

Heute genau wie Jahrhunderte früher spielt die Liebe und die Sympathie nicht die geringste Rolle. In Berlin leben und wirken Polen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Schichten Polens. Jeder von ihnen könnte sich frei entscheiden in ihr Heimatland zurückzukehren, jedoch ist Berlin keine fremde Stadt für die Polen. Auch sie selbst sehen sich nicht als Fremde in Berlin, nicht das Schicksal entschied über ihren Wohnort. Eine bewusste Entscheidung führte viele Polen nach Berlin. Hier studieren sie, machen ihre Karriere, schließen Freundschaften und gründen ihre Familien.

Der Eindruck von Berlin ist für jeden Polen persönlich, trotz der Unterschiede gefällt den meisten die Stadt, weil sie so international, so locker ist. Berlin bietet andere, neue Möglichkeiten und Perspektiven an, Polen haben das Glück und das Pech, dass sie nicht anders als die Deutschen aussehen. Die Möglichkeit sich gut integrieren zu können versichert dennoch nicht die Chancengleichheit. Die Polen müssen sich beweisen und für die Gleichheit kämpfen.

Die Einstellung der Berliner ändert sich im Laufe der Zeit, wie es in der Geschichte der Familie Radziwill und in den Unabhängigkeitskämpfen war, so ist es auch heute. Verschiedene politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Umstände haben Einfluss auf die Sympathie der Berliner zu den Polen und auch der Polen zu den Berlinern. Die Vorurteile und die Stereotypen entscheiden das Schicksal der Polen in Berlin neben dem Zufall der Liebe.

Muss man sich nur für die deutschen entscheiden um in Berlin eine eigene Heimat zu sehen? Viele haben einen Kompromiss für sich gefunden. Die Polen sind meist bestens in die Berliner Gesellschaft integriert und haben eigenes Einkommen. Man lebt hier, hat Einfluss auf Berlin, die deutschen trotz der Zurückhaltung und Distanz ändern ihre Einstellung den polnischen Mitbürgern gegenüber. Das heutige Berlin bietet verschiedene Möglichkeiten einer Zusammenarbeit der Deutschen und der Polen. Häufig werden verschiedene Möglichkeiten von beiden Seiten angeboten, um sich gegenseitig besser kennenzulernen und zu verstehen, wie zum Beispiel verschiedene Vereine, Clubs und Freizeitaktivitäten, die die Zusammenarbeit stärken und die guten Seiten der Polen und Berliner hervorkommen lassen.

Die Offenheit der beiden Seiten wird die Tür zu neuen Beziehungen öffnen. Der Zufall der Liebe, war damals und auch heute derselbe. Nur mit Sympathie und Mitwirken können die Polen die Herzen der Berliner erreichen. Die Herzlichkeit der polnischen Einrichtungen lässt die deutschen sehen, dass Polen für die neue Epoche der Wechselbeziehung offen sind.

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