Westslawische Äquivalente zu den slawischen Ortsnamen in Mecklenburg-Vorpommern

V. Polusinova/ Ortsnamen

Bis ins 13. Jahrhundert gab es Siedlungen slawischer Stämme im nördlichen Teil Deutschlands. Zwar haben sich die Slawen nach den Eroberungen dieser Gebiete von deutschen Ansiedlern vollkommen assimiliert, doch deren hinterlassene Spuren kann man besonders im Bereich der Onomastik verfolgen. Neben anderen Teilen Deutschlands gibt es auch zahlreiche slawische Ortsnamen innerhalb Mecklenburg- Vorpommerns. Jedoch einige solche Ortsnamen haben eigene Doppelgänger in Polen, Tschechien und in der Slowakei, die entweder sehr ähnlich oder gleich klingen. In diesem Beitrag werden einige von solchen Äquivalente und deren Etymologie erläutert.

Ortsnamen im Vergleich und deren Etymologie

Bussewitz (DE) vs. Bušovice (CZ)

Beide Toponyme teilen eine sehr ähnliche Etymologie. Erste Erwähnung von Bussewitz wird zurück ins 14. Jahrhundert datiert, als die damalige Form des Ortsnamens „Buzeuicze“ (1329) lautete. Hierbei handelt es sich um einen Patronym, d.h. einen Vatersnamen, welcher sich durch das Suffix     -itz aus dem slawischen –ica/-ice kennzeichnet. Die direkte Bedeutung lautet daher “Nachkommen/Leute des Buš, Buša”, wobei der Name aus dem altslawischen „buh“[1] stammt.  Eine ähnliche Form hatte der tschechische Ortsnamen Bušovice im Jahr 1379-„Bussowicze“. Hier handelt es sich ebenso um ein “Dorf der Búšas” (tschech. “Ves lidí Búšových”)[2],  im Singular „Búše/Búša“ abgekürzt aus dem Personennamen „Bohušě“, einer einheimischen Form des Personenamens „Bohuslav“. Man kann behaupten, das Bussewitz gleicherweise aus „Bohuslav“ oder einer anderen Form dieses Personennamens entstanden konnte, da es sich um einen typischen slawischen Personennamen handelt. Eine detailliertere Etymologie zum Ortsnamen Bussewitz wurde nicht aufgefunden, daher kann man diese Verbindung nicht genauer nachweisen.

Deven (DE) vs. Devin (DE) vs. Devín (SK)

Obwohl die Orthographie der Toponyme Devin und Devín fast identisch ist, ist interessanterweise der Unterschied in der Etymologie deutlich größer. Die Entwicklung zu Devin von „stagnum Tyuin“ (1240) später „Tevyn“ (1273) deutet hier auf eine Konsonantenwechsel vom stimmlosen t auf stimmhaftes d. Entstanden ist das Toponym aus einem nicht belegten altslawischen Wort *tiṷ (dt. schmelzen)[3], wobei der Name sich aus dem Bachnamen „Thue“ abgeleitet hat.

Das slowakische Toponym Devín entwickelte sich gleichzeitig mit dem deutschen und ungarischen Exonymen. In der ersten Erwähnung (864 n. Chr.) erscheint der Ortsname in der Form Dowina. Jedoch gibt es zwei verschiedene Erklärungen zur Herkunft des Namens. Die erste Theorie weist auf das altslawische děva (dt. Magd/Mädl/Jungfrau)[4] auf. Die zweite Theorie erklärt den Ursprung im altslawischen divъ und daraus folgende divitь (dt. schauen).

Deven ist ein weiterer deutscher Ortsname, der eine wahrscheinlich ähnliche Etymologie aufwiest, wie Devín.  Hier blieb die nicht so häufige Endung -en unverändert aus „Deuen“ (1289) und stammt ebenso aus dem altslawischen děva[5]

Godow (DE) vs. Godów (PL) vs. Hodov (CZ)

Weitere Äquivalente bilden die Ortsnamen Godow, Godów und Hodov. Das deutsche Toponym Godow mit den früheren Formen „Ghodowe, Godowe“ (1289), findet seinen Ursprung im altsl. god (dt. rechte Zeit). Das Suffix –ow hat einen possessiven Charakter, daher lässt sich die Bedeutung als „Ort des Goda“ übersetzten[6].

Der polnische Ortsname Godow, in Schlesien lokalisiert, wurde aus „Godowa“ germanisiert. Das Toponym stammt aus den Namen „God“ ab, der eine Abkürzung der Namen Godzimir oder Godzisław ist[7]. Hier kann man ebenfalls einen möglichen vergleichbaren Ursprung mit dem deutschen Toponym behaupten, bei dem man zwar nur verweise auf „Goda“ finden kann, jedoch kann dieser Name ebenso eine ähnliche oder gleiche Abkürzung darstellen.

Bei dem tschechischen Äquivalent Hodov verweist die Etymologie dagegen auf einen weiblichen Personennamen „Godaua“, aus welchem die erste Form des Ortsnamens zu „Hodawa“ (1346) entstand. Ab 1364 erscheint dieser mit der Endung –ow[8]. Ebenso führte auch der Konsonantenwechsel im Tschechischen dazu, dass der Anfangsbuchstabe G- zu H- umgewandelt wurde.

Tessin (DE) vs. Těšín (CZ) vs. Cieszyn (PL)

Auch den deutschen Ortsnamen Tessin verbindet eine ähnliche Etymologie mit dem polnischen Cieszyn und dem tschechischen Těšín. Seit der ersten Erwähnung in 1301 in der Form „Tessyn“ fand keine große Entwicklung zu der heutigen Form statt. Die possessive Endung –in druckt den Besitz oder den Ort von einer Person aus. In diesem Fall kann man vom “Ort des Têša” sprechen[9].

Interessanterweise war die Orthographie des heutigen polnischen Ortsnamens Cieszyn im Jahre 1223 identisch mit dem heutigen Tessin. Die Etymologie Cieszyns steht in direkter Verbindung mit der tschechischen Version, zu der sich ebenfalls eine Legende über die Gründung und Gründer der Doppelstadt bezieht. Eine genaue Übersetzung der Bedeutung des Ortsnamens lautet „Freudenort“ oder „Freudenstadt“ und leitet sich aus dem polnischen cieszyć się bzw. aus dem tschechischen tešit se, sich freuen, ab. Demnach könnte dieser Ortsname aus Freude über das unverhoffte Treffen der der Fürstenbrüder Bolek, Lešek (tschech.) bzw. Leszko (poln.) und Těšek bzw. Ciezsko entstehen[10]. Nicht auszuschließen ist auch die Ableitung des Ortsnamens von einem der Gründer, nämlich Těšek/Ciezsko. Nach dem etymologischen Wörterbuch „Místní jména v Čechách“ ist der tschechische Äquivalent aus dem Personennamen „Těša“ oder „Těcha“ abgeleitet worden[11], vergleichbar zu dem deutschen Tessin.

Abb.1: Slawische Ortsnamen in Deutschland
Abb.2: Westslawische Äquivalente

Zussamenfassung

Wie man an den oben angegebenen Beispielen sehen konnte, gibt es einige Ortsnamen, wie Tessin und Těšín/Cieszyn, bei denen man eine sehr ähnliche Etymologie feststellen konnte. Diese ist an einen gleichen oder ähnlichen Ursprung zurückzuführen, wie ein Personenname oder ein Appellativum. Allerdings zeigt das Beispiel von Devin und Devín, dass dies nicht immer der Fall ist. Neben den aufgelisteten Ortsnamen gibt es auch weitere Doppelgänger wie die polnische Stadt Kraków und der deutsche Krakow am See; deutsche Crivitz und das tschechische Äquivalent Křivice; Puchow in Deutschland und der slowakische Púchov; der deutsche Tarnow und die polnische Stadt Tarnów.

Quellen:

[1] http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00002847

[2] https://mjc.ujc.cas.cz/search.php

[3] Witkowski, T. (1967): Die Ortsnamen des Kreises Stralsund. In: Zeitschrift für Slawistik 12/1, 145-149

[4] https://www.bratislava.de/Bratislava_Burg_Devin/bratislava_burg_devin.html

[5] http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00002847

[6] http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00002847

[7] https://www.godow.pl/o-gminie/godow 

[8] https://mjc.ujc.cas.cz/search.php

[9] http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00002847

[10] https://ome-lexikon.uni-oldenburg.de/orte/teschen-cieszyn

[11] https://mjc.ujc.cas.cz/search.php

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